Zwiespalt der Israelis
Aufgrund der vielen Kriege gegen die arabische Welt und besonders gegen die Palästinenser wurden nicht nur international, sondern auch unter den Israelis, kritische Stimmen laut. Vor allem die israelische Jugend demonstriert gegen die Siedlungspolitik des Landes und die schlechten Lebensbedingungen ihrer arabischen Landsleute (vgl. http://www.zeit.de/politik/ausland/2012-07/israel-jugend-2 [Letzter Zugriff: 07.09.2012]). Dabei befinden sie sich in einem Widerspruch, da sie in eben diesen Siedlungen selbst aufgewachsen sind und von den staatlichen Unterstützungen profitieren. Letztlich gibt der Artikel Aufschluss darüber, dass die Israelis die Ungerechtigkeiten, welche ihr Land verbucht, durchaus wahrnehmen und sich gegen sie stellen. In „Lemon Tree“ repräsentiert Mira genau diese Zerrissenheit und macht dabei eine große Entwicklung durch. Am Anfang des Films ist sie die glückliche Frau des Verteidigungsministers und profitiert vom israelischen Staat. Dann aber lernt sie den Anblick des Zitronenhains mögen, sagt nichts, wenn Salma unerlaubter Weise ihre Bäume bewässert und Zitronen pflückt und stellt sich in Gesprächen gegen die Meinung ihres Mannes. In den Gesprächen zeigt sie ihren Gerechtigkeitssinn und Empathie für Salma. Als sich die Sicherheitskräfte am Abend der Einweihungsfeier ein paar Zitronen nehmen, bekommt Salma das mit und stellt sich zwischen sie und ihre Zitronen. In dieser Szene gipfelt nicht nur Salmas Kampfgeist, sondern vielmehr ihre Verzweiflung und Wut über die Situation. Mira spricht hier das erste und einzige Mal zu ihr und entschuldigt sich: „Wir wollten uns nur ein paar Zitronen holen. Entschuldigen Sie bitte“ (01:00:56). Diese Entschuldigung ist von tragender Bedeutung und kann auf abstrakter Ebene als eine umfassende Entschuldigung für alle Missetaten der Israelis betrachten werden. Im Film deutet Salma dies als positiv und fühlt sich von Mira verstanden, was sich später im Gespräch mit einer Journalistin zeigt. Genau diese Journalistin, zugleich Freundin Miras, veröffentlicht den Zeitungsartikel über Mira, in dem sie sagt, ihr Land kenne keine Grenzen und sich gegen die Abholzung ausspricht. Damit stellt sie sich gegen ihren Mann, der sie zum Widerrufen des Artikels bringen will. Hin- und hergerissen unterschreibt sie den Widerruf. Dass sie sich gefangen fühlt, wird an der Szene Realität, in welcher sie sich aus dem Haus schleicht und durch den Hain zu Salmas Haus geht. Bevor sie klopfen kann, bringt sie das Sicherheitspersonal wieder zurück und schließt sie ein. Die heruntergelassenen Jalousien können symbolisch für das Einzäunen Israels und der Individuen, die gegen die politischen Aktionen agieren, stehen. Dieselben Jalousien tauchen auf, wenn Israel im dunklen Wohnzimmer sitzt und über den Verlust seiner Frau nachsinnt. In seinem Fall hat ihm die Politik den Lebenspartner genommen, weil er die Entscheidungen nicht hinterfragt, geschweige denn dagegen agiert, hat.
Als Paradoxon kann außerdem das Urteil des Obersten Gerichtshofes betrachtet werden. In diesem verliest die Richterin unter anderem den Satz: „Wir sind der Überzeugung, dass das Recht auf Unterkunft und auf Schutz für Leib und Leben viel höher zu bewerten ist als das Recht auf den Besitz von Land“ (01:41:40). Mit Blick auf die israelische Geschichte und aktuelle Politik misst die Richterin mit zweierlei Maß. Sie verbietet Salma etwas, das für die israelische Siedlungspolitik zum alltäglichen Geschäft gehört.
Als Paradoxon kann außerdem das Urteil des Obersten Gerichtshofes betrachtet werden. In diesem verliest die Richterin unter anderem den Satz: „Wir sind der Überzeugung, dass das Recht auf Unterkunft und auf Schutz für Leib und Leben viel höher zu bewerten ist als das Recht auf den Besitz von Land“ (01:41:40). Mit Blick auf die israelische Geschichte und aktuelle Politik misst die Richterin mit zweierlei Maß. Sie verbietet Salma etwas, das für die israelische Siedlungspolitik zum alltäglichen Geschäft gehört.